Shakespeares Worte „Hand in hand, with fairy grace, we will
sing and bless this place.“ waren das Motto eines Liederabends, den
Kammersängerin Gabriele Fontana mit ihren Studenten des Instituts für Gesang
und Musiktheater der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien am 14. Januar
2016 im zauberhaften Rahmen des alten Schönbrunner Schlosstheaters gestaltete.
Schönbrunner Schlosstheater |
Im Jahr 2007 gewann die Wiener Musikhochschule die international
renommierte österreichische Opern- und Konzertsängerin Gabriele Fontana als
Professorin für Lied und Oratorium, wo sie seither nicht nur durch ihre höchst
erfolgreichen Studienabgänger, sondern auch immer wieder durch außergewöhnliche,
kreativ und gefühlvoll gestaltete Liederabende auf sich aufmerksam macht.
Wir sprachen mit Gabriele Fontana über Vorbereitungen und Stückauswahl
und beobachteten die jungen Künstler bei ihren Proben und Auftritten im
imperialen Ambiente jenes Theaters, das einst von Kaiserin Maria Theresia als
eines der ersten Schlosstheater Europas erbaut wurde.
„Im Prinzip beginnen die Vorbereitungen mit meiner Planung
im Kopf zu Beginn des Semesters, welches Repertoire für welchen Sänger das
Passendste wäre. Dies ist abhängig von einem Grundthema wie in diesem Fall
Shakespeare“, erklärt uns Gabriele Fontana. Sehr oft spielen aber natürlich
auch praktische Gründe wie die Prüfungen und Wettbewerbe der einzelnen
Studierenden eine Rolle bei der Planung und Organisation.
Anlässlich des 400. Todestags von William Shakespeare sollte
sich dieses Mal alles um die Werke des größten Bühnendichters der Geschichte drehen.
Und was lag näher, als für eine solche Veranstaltung, Studierende des
benachbarten Max Reinhardt Seminars zur Mitwirkung einzuladen. Eine Premiere,
die von Gabriele Fontana initiiert wurde.
In Folge ging es für Gabriele Fontana an die konkrete
Konzeption des Abends: „Ich habe im gesamten Repertoire nach bekannten und
unbekannteren Vertonungen geforscht - auch Duette und Ensemble-Vertonungen und
in diesem Jahr auch nach Texten, die zum 1. Mal von Schauspielern des Max
Reinhardt Seminars vorgetragen werden. Daraus ergibt sich dann ein Ablauf, der
dramaturgisch auch zusammenpasst: zum Beispiel Richard Strauss‘ Ophelia Lieder
gepaart mit dem Monolog der Gertrud über den Tod der Ophelia aus "Hamlet" und ein
Duett: "Komm herbei Tod" aus "Was ihr wollt"!
Das Programm beinhaltet auch Werke der zeitgenössischen britischen
Komponistin Cecilia McDowall. Auf die im deutschen Sprachraum leider noch nicht
bekannte Komponistin, die durch ihre facettenreiche expressive Klangsprache
besticht, wurde Gabriele Fontana durch ihre Kollegin und Studentin Nina
Bernsteiner aufmerksam gemacht, welche Cecilia McDowell persönlich
kennengelernt hatte.
Die Beschreibung "Gesangsprofessorin" ist schlichtweg
unzureichend, wenn man Gabriele Fontana bei den Proben mit ihren Studenten erlebt.
Denn sie ist gleichzeitig Regisseurin, Sprachcoach, schafft es ihre Schützlinge
pointiert zu korrigieren, zu motivieren, an Phrasierung, Farben und Dynamik zu
arbeiten und dabei nie die Gesamtwirkung aus den Augen zu verlieren. Sensibel
und ermutigend versteht sie die jungen Künstler aufzubauen. „Mach das so und
sei überzeugt davon, bitte hab Vertrauen“ hört man sie in der Pause zu einer
ihrer Studentinnen sagen“.
KS Fontana gibt Anweisungen |
Zur Seite steht Gabriele Fontana, der ebenso virtuose wie erfahrene
Korrepetitor Mag.art. Dieter Paier, der die Sänger musikalisch begleitet und am Klavier
mit einer Vielfalt an Stimmungen und musikalischen Bildern beeindruckt.
Bühnenproben im Schlosstheater |
Auch die Schauspieler werden
eingewiesen, die Wirkung des Textes in verschiedenen Varianten ausprobiert und mit
Unterstützung von Annett Matzke, einer Lehrenden des Max Reinhardt Seminars, in den künstlerischen
Gesamtablauf integriert.
Die Aufregung und Konzentration
wächst spürbar in Hinblick auf den kommenden Konzertabend.
Das Schönbrunner Schlosstheater
diente über Jahrhunderte als Hausbühne der Habsburger.
Aber auch Napoleon Bonaparte ließ hier für sich spielen. Einst dirigierten in
diesem prachtvollen Theaterjuwel Joseph Haydn
und Wolfgang Amadeus Mozart ihre seither
unsterblichen Werke und verschiedene Opern von Christoph Willibald Gluck wurden hier
erstmals aufgeführt. An diesem Abend jedoch, gehört der historische Raum den
jungen Sängern und Schauspielern.
Es ist soweit. Das mächtige Tor
zum Schloss Schönbrunn öffnet sich und Musikliebhaber, Universitätskollegen,
Freunde und Familienmitglieder ziehen durch den in Mondlicht getauchten Vorhof
des Schlosses hin zum kaiserlichen Theater.
Der Abend wird durch Vivaldis
feierliches "Laudamus Te" eröffnet und schon erklingen die Worte Shakespeares, „Die
ganze Welt ist Bühne“, beherzt und humorvoll vorgetragen durch den jungen
Schweizer Schauspieler Yannick Schöbi.
Jerilyn Chou und Anna-Katharina
Tonauer interpretieren beseelt und bewegend Vaughn Williams "It was a lover and
his Lass" aus "Wie es Euch gefällt".
Jerilyn Chou und Anna-Katherina Tonauer |
Die
finnische Sopranistin Meeri Pulakka interpretiert zart und feinsinnig drei
Lieder von Schubert, Iva Martincevic gibt strahlend "Flößt, mein Heiland" aus
Bachs Weihnachtsoriatorium, während dessen Jerilyn Chous Stimme gleich einem Echo
aus dem Hintergrund erklingt.
Meeri Pulakka |
Danach
betritt der junge österreichische Bass Florian Köfler für drei Schubertlieder die
Bühne, die er mit warmen Timbre und gut geführter Stimme zum Besten gibt. Ihm
folgt Nina Bernsteiners versierte und lebhafte Performance einer Auswahl von
Korngolds Shakespeare-Vertonungen.
Florian Köfler |
Nina Bernsteiner |
Hamlets
Ophelia bestimmt den Beginn des zweiten Teils. Jerilyn Chou singt berührend und
mit beachtlicher Klarheit in Aussprache und Ausdruck, die der Figur gewidmeten
Lieder von Richard Strauss. Gebannt lauscht das Publikum der jungen
Schauspielerin Clara Schulze-Wegener während ihres tragischen Monologs der
Gertrud aus Hamlet, die das Ertrinken der jungen Ophelia beschreibt. Mit Cornelius‘ "Komm herbei, komm herbei, Tod!" schließen Iva Martincevic und Anna Katherina
Tonauer stimmungsvoll den thematischen Block.
Jerilyn Chou |
Gunyong
Na begeistert mit kernigem Bariton und perfekter Diktion bei "Dein blaues Auge"
und drei weiteren Brahmsliedern. Iva Martincevic gibt anmutig und ausdrucksstark
Mahlers "Erinnerung" und "Wer hat dies Liedlein erdacht" aus "Des Knaben
Wunderhorn".
Gunyong Na |
Iva Martincevic |
Das musikalische Finale bilden die vier faszinierend
und gleichzeitig rhytmisch und phrasierungstechnisch überaus fordernden Lieder
von Cecilia McDowell, spannend und stimmlich briliant gemeistert von der jungen
ungarischen Sopranistin Etelka Sellei. Für "What `tis to love" stößt die
Querflötistin Kaja Lesnjak hinzu.
Zuletzt springt Puck,
dargestellt von der Schauspielerin Nélida Martinez, in die Mitte der Bühne und alle
Beteiligten lauschen den letzten Worten aus Shakespeares Sommernachttraum. Pucks Aufforderung zum Beifall beantwortet das Publikum mit großer Begeisterung und
heftigem Applaus.
Pucks Monolog aus dem Sommernachtstraum |
Manche der Künstler, sind bereits an mittelgroßen und
großen Bühnen im In- und Ausland zu sehen, wie Sopranistin Nina Bernsteiner, die
am Vortag gerade ihre Premiere als Polly in der Dreigroschenoper am Theater an
der Wien feierte oder Bariton Gunyong Na, der demnächst unter Evelino Pido
wieder an der Budapester Staatsoper zu hören ist.
Doch jede und jeder der Sänger begeisterte mit bereits
unverkennbar eigenem Stil und einer hart erarbeiteten perfekten Einstudierung
anspruchvollsten Repertoires. Kammersängerin Gabriele Fontana, Dieter Paier und
alle Beteiligten haben im Schönbrunner Schlosstheater eindrucksvoll bewiesen,
dass sich ihre Aufführung dieses überaus stimmigen Programms der Worte Shakespeares
würdig erweist: „Hand in hand, with fairy grace, we will sing and bless this
place“.
P. R. Klose, Vienna, January 2016
Weiterführende Links:
Bildnachweise:
"Schönbrunner Schlosstheater" credit to C. Cossa
"Meeri Pulakka" credit to Kurt Deutsch - RotArt
Alle anderen Bilder: credit to P. R. Klose - K und K Wien