Es mag ein verklärt nostalgischer Zugang sein, zu einer Welt
aus Milchschaumhäubchen, Erdbeerstrietzeln und Herren im Frack.
Doch ich denke es ist an der Zeit, in diesem Blog einmal
einen näheren Blick auf unser „Außenbüro“, unseren „Zweiten Arbeitsplatz“ zu lenken,
denn ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich sage, dass die meisten Treffen
mit Künstlern und Veranstaltern sowie die wichtigsten Konzeptionen und
Entscheidungen stets im Kaffeehaus stattgefunden haben.
Das klassische Wiener Kaffeehaus: Thonetstühle, eine große
Auswahl an Zeitungen und der obligatorische Duft gerösteten Kaffees. Vielleicht
gibt es noch einen Cafehauspianisten, der zu bestimmten Stunden spielt, in
manchen Fällen ein paar Billardtische oder Veranstaltungsposter und alte Photographien an
der Wand. Serviert werden Eier im Glas, Fiakergulasch und hausgemachte
Mehlspeisen.
Das Wiener Kaffeehaus, vor einigen Jahren als Institution zum
UNESCO Weltkulturerbe erklärt, stand seit jeher für das gesellschaftliche Leben
und war Treffpunkt der Künstler und Intellektuellen. Auch in vielen anderen
Städten der Welt, war es das Kaffeehaus, wo revolutionäre Gedanken geboren und
Meisterwerke der Literatur geschrieben wurden.
Das was das Wiener Kaffeehaus im Besonderen ausmacht, ist
ein bestimmtes nicht ganz greifbares Lebensgefühl. Ich weiß nicht ob es die
stets propagierte Wiener Gemütlichkeit oder das Wiener „Grantlertum“ ist, das
den größeren Ausschlag gibt, zweifellos sind in einem ordentlichen Wiener
Kaffeehaus neben anderen Faktoren beides in spürbarem Ausmaß vorhanden. Und es sind die Details, das kleine Glas
Wasser zum Kaffee sowie der frische Kren zum Beinschinken.
Man trifft
sich im Kaffeehaus, man bespricht sich im Kaffeehaus und mehr noch – man verweilt
dort allein. Man nimmt sich Zeit.
Ideal ist ein Tisch am Fenster, der einem erlaubt, auch zu
sehen wer vorüberzieht. Bekannte, Fiakerkutschen oder Touristengruppen.
„Noch eine Melange“ bedeutet bei sich selbst eine Bestellung
aufzugeben: Eine halbe Stunde kontemplativen Daseins, sich noch einmal zurückzulehnen
bevor man wieder in die Geschehnisse des Lebens eingreift.
Letztendlich kann ich nicht beantworten, was es tatsächlich
ist, das ein Café zu einem wahren Wiener Kaffeehaus macht, doch eines ist
sicher, ein gutes Kaffeehaus kann jeden zu einem wahren Wiener machen – in gewisser
Weise. Herr Ober, bitte noch eine Melange!
K und K Wiens beliebteste „Zweitarbeitsplätze“:
Cafe Markusplatz: www.markusplatz.at
Ringstraßencafe Schwarzenberg: www.cafe-schwarzenberg.at
P.R.Klose, Vienna, June 2015