Montag, 22. Juni 2015

DAS KAFFEHAUS



Es mag ein verklärt nostalgischer Zugang sein, zu einer Welt aus Milchschaumhäubchen, Erdbeerstrietzeln und Herren im Frack.
Doch ich denke es ist an der Zeit, in diesem Blog einmal einen näheren Blick auf unser „Außenbüro“, unseren „Zweiten Arbeitsplatz“ zu lenken, denn ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich sage, dass die meisten Treffen mit Künstlern und Veranstaltern sowie die wichtigsten Konzeptionen und Entscheidungen stets im Kaffeehaus stattgefunden haben.



Das klassische Wiener Kaffeehaus: Thonetstühle, eine große Auswahl an Zeitungen und der obligatorische Duft gerösteten Kaffees. Vielleicht gibt es noch einen Cafehauspianisten, der zu bestimmten Stunden spielt, in manchen Fällen ein paar Billardtische oder  Veranstaltungsposter und alte Photographien an der Wand. Serviert werden Eier im Glas, Fiakergulasch und hausgemachte Mehlspeisen.
Das Wiener Kaffeehaus, vor einigen Jahren als Institution zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt, stand seit jeher für das gesellschaftliche Leben und war Treffpunkt der Künstler und Intellektuellen. Auch in vielen anderen Städten der Welt, war es das Kaffeehaus, wo revolutionäre Gedanken geboren und Meisterwerke der Literatur geschrieben wurden.

Das was das Wiener Kaffeehaus im Besonderen ausmacht, ist ein bestimmtes nicht ganz greifbares Lebensgefühl. Ich weiß nicht ob es die stets propagierte Wiener Gemütlichkeit oder das Wiener „Grantlertum“ ist, das den größeren Ausschlag gibt, zweifellos sind in einem ordentlichen Wiener Kaffeehaus neben anderen Faktoren beides in spürbarem Ausmaß vorhanden.  Und es sind die Details, das kleine Glas Wasser zum Kaffee sowie der frische Kren zum Beinschinken.

Man trifft sich im Kaffeehaus, man bespricht sich im Kaffeehaus und mehr noch – man verweilt dort allein. Man nimmt sich Zeit.
Ideal ist ein Tisch am Fenster, der einem erlaubt, auch zu sehen wer vorüberzieht. Bekannte, Fiakerkutschen oder Touristengruppen. 

„Noch eine Melange“ bedeutet bei sich selbst eine Bestellung aufzugeben: Eine halbe Stunde kontemplativen Daseins, sich noch einmal zurückzulehnen bevor man wieder in die Geschehnisse des Lebens eingreift.
Letztendlich kann ich nicht beantworten, was es tatsächlich ist, das ein Café zu einem wahren Wiener Kaffeehaus macht, doch eines ist sicher, ein gutes Kaffeehaus kann jeden zu einem wahren Wiener machen – in gewisser Weise. Herr Ober, bitte noch eine Melange!


K und K Wiens beliebteste „Zweitarbeitsplätze“:

Cafe Markusplatz: www.markusplatz.at

Ringstraßencafe Schwarzenberg: www.cafe-schwarzenberg.at


P.R.Klose, Vienna, June 2015