Freitag, 15. Januar 2016

HAND IN HAND - EIN LIEDERABEND ENTSTEHT



Shakespeares Worte „Hand in hand, with fairy grace, we will sing and bless this place.“ waren das Motto eines Liederabends, den Kammersängerin Gabriele Fontana mit ihren Studenten des Instituts für Gesang und Musiktheater der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien am 14. Januar 2016 im zauberhaften Rahmen des alten Schönbrunner Schlosstheaters gestaltete.


Schönbrunner Schlosstheater


Im Jahr 2007 gewann die Wiener Musikhochschule die international renommierte österreichische Opern- und Konzertsängerin Gabriele Fontana als Professorin für Lied und Oratorium, wo sie seither nicht nur durch ihre höchst erfolgreichen Studienabgänger, sondern auch immer wieder durch außergewöhnliche, kreativ und gefühlvoll gestaltete Liederabende auf sich aufmerksam macht.

Wir sprachen mit Gabriele Fontana über Vorbereitungen und Stückauswahl und beobachteten die jungen Künstler bei ihren Proben und Auftritten im imperialen Ambiente jenes Theaters, das einst von Kaiserin Maria Theresia als eines der ersten Schlosstheater Europas erbaut wurde.
„Im Prinzip beginnen die Vorbereitungen mit meiner Planung im Kopf zu Beginn des Semesters, welches Repertoire für welchen Sänger das Passendste wäre. Dies ist abhängig von einem Grundthema wie in diesem Fall Shakespeare“, erklärt uns Gabriele Fontana. Sehr oft spielen aber natürlich auch praktische Gründe wie die Prüfungen und Wettbewerbe der einzelnen Studierenden eine Rolle bei der Planung und Organisation.

Anlässlich des 400. Todestags von William Shakespeare sollte sich dieses Mal alles um die Werke des größten Bühnendichters der Geschichte drehen. Und was lag näher, als für eine solche Veranstaltung, Studierende des benachbarten Max Reinhardt Seminars zur Mitwirkung einzuladen. Eine Premiere, die von Gabriele Fontana initiiert wurde.
In Folge ging es für Gabriele Fontana an die konkrete Konzeption des Abends: „Ich habe im gesamten Repertoire nach bekannten und unbekannteren Vertonungen geforscht - auch Duette und Ensemble-Vertonungen und in diesem Jahr auch nach Texten, die zum 1. Mal von Schauspielern des Max Reinhardt Seminars vorgetragen werden. Daraus ergibt sich dann ein Ablauf, der dramaturgisch auch zusammenpasst: zum Beispiel Richard Strauss‘ Ophelia Lieder gepaart mit dem Monolog der Gertrud über den Tod der Ophelia aus "Hamlet" und ein Duett: "Komm herbei Tod" aus "Was ihr wollt"!
Das Programm beinhaltet auch Werke der zeitgenössischen britischen Komponistin Cecilia McDowall. Auf die im deutschen Sprachraum leider noch nicht bekannte Komponistin, die durch ihre facettenreiche expressive Klangsprache besticht, wurde Gabriele Fontana durch ihre Kollegin und Studentin Nina Bernsteiner aufmerksam gemacht, welche Cecilia McDowell persönlich kennengelernt hatte. 

Die Beschreibung "Gesangsprofessorin" ist schlichtweg unzureichend, wenn man Gabriele Fontana bei den Proben mit ihren Studenten erlebt. Denn sie ist gleichzeitig Regisseurin, Sprachcoach, schafft es ihre Schützlinge pointiert zu korrigieren, zu motivieren, an Phrasierung, Farben und Dynamik zu arbeiten und dabei nie die Gesamtwirkung aus den Augen zu verlieren. Sensibel und ermutigend versteht sie die jungen Künstler aufzubauen. „Mach das so und sei überzeugt davon, bitte hab Vertrauen“ hört man sie in der Pause zu einer ihrer Studentinnen sagen“.   

KS Fontana gibt Anweisungen

Zur Seite steht Gabriele Fontana, der ebenso virtuose wie erfahrene Korrepetitor Mag.art. Dieter Paier, der die Sänger musikalisch begleitet und am Klavier mit einer Vielfalt an Stimmungen und musikalischen Bildern beeindruckt.   

Bühnenproben im Schlosstheater

Auch die Schauspieler werden eingewiesen, die Wirkung des Textes in verschiedenen Varianten ausprobiert und mit Unterstützung von Annett Matzke, einer Lehrenden des Max Reinhardt Seminars, in den künstlerischen Gesamtablauf integriert.

Die Aufregung und Konzentration wächst spürbar in Hinblick auf den kommenden Konzertabend.
Das Schönbrunner Schlosstheater diente über Jahrhunderte als Hausbühne der Habsburger. Aber auch Napoleon Bonaparte ließ hier für sich spielen. Einst dirigierten in diesem prachtvollen Theaterjuwel Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart ihre seither unsterblichen Werke und verschiedene Opern von Christoph Willibald Gluck wurden hier erstmals aufgeführt. An diesem Abend jedoch, gehört der historische Raum den jungen Sängern und Schauspielern.  

Es ist soweit. Das mächtige Tor zum Schloss Schönbrunn öffnet sich und Musikliebhaber, Universitätskollegen, Freunde und Familienmitglieder ziehen durch den in Mondlicht getauchten Vorhof des Schlosses hin zum kaiserlichen Theater.
Der Abend wird durch Vivaldis feierliches "Laudamus Te" eröffnet und schon erklingen die Worte Shakespeares, „Die ganze Welt ist Bühne“, beherzt und humorvoll vorgetragen durch den jungen Schweizer Schauspieler Yannick Schöbi.
Jerilyn Chou und Anna-Katharina Tonauer interpretieren beseelt und bewegend Vaughn Williams "It was a lover and his Lass" aus "Wie es Euch gefällt".



Jerilyn Chou und Anna-Katherina Tonauer


Die finnische Sopranistin Meeri Pulakka interpretiert zart und feinsinnig drei Lieder von Schubert, Iva Martincevic gibt strahlend "Flößt, mein Heiland" aus Bachs Weihnachtsoriatorium, während dessen Jerilyn Chous Stimme gleich einem Echo aus dem Hintergrund erklingt. 
Meeri Pulakka

Danach betritt der junge österreichische Bass Florian Köfler für drei Schubertlieder die Bühne, die er mit warmen Timbre und gut geführter Stimme zum Besten gibt. Ihm folgt Nina Bernsteiners versierte und lebhafte Performance einer Auswahl von Korngolds Shakespeare-Vertonungen.

Florian Köfler
 
Nina Bernsteiner

Hamlets Ophelia bestimmt den Beginn des zweiten Teils. Jerilyn Chou singt berührend und mit beachtlicher Klarheit in Aussprache und Ausdruck, die der Figur gewidmeten Lieder von Richard Strauss. Gebannt lauscht das Publikum der jungen Schauspielerin Clara Schulze-Wegener während ihres tragischen Monologs der Gertrud aus Hamlet, die das Ertrinken der jungen Ophelia beschreibt. Mit Cornelius‘ "Komm herbei, komm herbei, Tod!" schließen Iva Martincevic und Anna Katherina Tonauer stimmungsvoll den thematischen Block.

Jerilyn Chou

Gunyong Na begeistert mit kernigem Bariton und perfekter Diktion bei "Dein blaues Auge" und drei weiteren Brahmsliedern. Iva Martincevic gibt anmutig und ausdrucksstark Mahlers "Erinnerung" und "Wer hat dies Liedlein erdacht" aus "Des Knaben Wunderhorn". 

Gunyong Na

Iva Martincevic
 
Das musikalische Finale bilden die vier faszinierend und gleichzeitig rhytmisch und phrasierungstechnisch überaus fordernden Lieder von Cecilia McDowell, spannend und stimmlich briliant gemeistert von der jungen ungarischen Sopranistin Etelka Sellei. Für "What `tis to love" stößt die Querflötistin Kaja Lesnjak hinzu. 

 
Kaja Lesnjak, Dieter Paier und Etelka Sellei
 
Zuletzt springt Puck, dargestellt von der Schauspielerin Nélida Martinez, in die Mitte der Bühne und alle Beteiligten lauschen den letzten Worten aus Shakespeares Sommernachttraum. Pucks Aufforderung zum Beifall beantwortet das Publikum mit großer Begeisterung und heftigem Applaus.  

Pucks Monolog aus dem Sommernachtstraum

Manche der Künstler, sind bereits an mittelgroßen und großen Bühnen im In- und Ausland zu sehen, wie Sopranistin Nina Bernsteiner, die am Vortag gerade ihre Premiere als Polly in der Dreigroschenoper am Theater an der Wien feierte oder Bariton Gunyong Na, der demnächst unter Evelino Pido wieder an der Budapester Staatsoper zu hören ist.
Doch jede und jeder der Sänger begeisterte mit bereits unverkennbar eigenem Stil und einer hart erarbeiteten perfekten Einstudierung anspruchvollsten Repertoires. Kammersängerin Gabriele Fontana, Dieter Paier und alle Beteiligten haben im Schönbrunner Schlosstheater eindrucksvoll bewiesen, dass sich ihre Aufführung dieses überaus stimmigen Programms der Worte Shakespeares würdig erweist: „Hand in hand, with fairy grace, we will sing and bless this place“.   


P. R. Klose, Vienna, January 2016


Weiterführende Links:


Bildnachweise: 
"Schönbrunner Schlosstheater" credit to C. Cossa
"Meeri Pulakka" credit to Kurt Deutsch - RotArt
Alle anderen Bilder: credit to P. R. Klose - K und K Wien